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Spricht die Erde? – Eine innere Reise von der Geographie zum Menschen

  • Autorenbild: Feroz Anka
    Feroz Anka
  • vor 2 Tagen
  • 5 Min. Lesezeit

Manchmal, wenn ich auf eine Landkarte schaue, merke ich, dass dort nicht nur Berge, Flüsse und Grenzlinien zu sehen sind.

Da ist noch eine weitere Spur.

Wenn dein Finger die Linien nachfährt, scheint sich irgendwo in dir etwas leicht zu bewegen. Es gibt diese feinen Momente, in denen du spürst, dass die Erde nicht nur aus Stein, Boden und Wasser besteht; genau aus diesem Augenblick ist dieser Text entstanden.

Als ich Die Geographie der Wahrheit schrieb, stellte ich mir diese Frage:

„Spricht die Erde?“

Und wenn sie spricht, in welcher Sprache?

Und wann haben wir diese Sprache vergessen?

Für mich gehörte diese Frage nicht nur zur äußeren Welt.

Eigentlich war sie die Frage meiner eigenen inneren Reise.

Denn wie wir Geographie sehen, ist oft eine Kopie davon, wie wir uns selbst sehen.


Jede Geographie ist ein Gedächtnis, jede Stadt ein Stück Bewusstsein...

Nach einer Weile fiel mir Folgendes auf:

Schon der Name mancher Städte ruft ein Gefühl im Menschen hervor. Auch dann, wenn du nie dort warst…

Jerusalem zu hören ist nicht dasselbe wie Tokio zu hören.

Die Spur, die Mekka und Paris in dir hinterlassen, ist nicht nur eine Frage des „kulturellen Unterschieds“.

Ich spürte, dass jede Geographie ein Erinnerungsfeld ist, das nicht nur die Spuren der Menschen trägt, die dort leben, sondern auch die von Jahrhunderten, Gebeten, Verleugnungen, Hingaben, Ängsten und Hoffnungen.

Jede Stadt stand da wie ein Teil des kollektiven Bewusstseins der Menschheit.

Manchmal zerbrochen, manchmal stolz, manchmal müde, manchmal hochmütig…

Aber sie sagte auf jeden Fall etwas.

Lange Zeit glaubte ich Folgendes:

Wir dachten, wir würden nur die Geographie beschreiben, doch in Wahrheit beschrieb die Geographie uns.

Deshalb habe ich in Die Geographie der Wahrheit versucht, die Erde nicht über die Trennung „Geographie und Mensch“ zu denken, sondern über den stillen Fluss zwischen beiden.

Die Erde war wie der äußere Körper des Menschen; der Mensch war wie das innere Echo der Erde.


Geographie und Mensch: In den Spiegel schauen...

Die Stadt, in der ein Mensch geboren wird, wo er aufwächst, wohin er auswandert, durch welche Straßen er geht…

Ich kann keines davon mit dem Wort „Zufall“ abtun.

Jeder Ort ruft einen eigenen Zustand im Menschen hervor.

Manche Städte leeren dich aus, manche Städte füllen dich.

Manche Orte bringen dich dir selbst näher, andere entfernen dich von dir.

Ich begann zu fragen:

„Wo auf dieser Erde ähnele ich mir selbst am meisten?

Welche Geographie bringt die Zustände stärker hervor, die ich in mir vergraben habe?“

Manche Menschen werden tief, wenn sie auf das Meer schauen, manche lernen das Schweigen, wenn sie auf die Berge blicken.

Manche hören, je mehr sie sich in überfüllten Metropolen verlieren, umso deutlicher die Stimme ihrer eigenen Seele.

Das zeigte mir etwas:

Wir gehen nicht einfach nur durch das, was wir „Ort“ nennen, hindurch; der Ort geht auch durch uns hindurch.

Für den Menschen ist Geographie in Wahrheit viel mehr:

Ein Spiegel.

Und wenn wir nicht den Mut haben, in diesen Spiegel zu schauen, bleibt die Erde immer nur aus „fernen Ländern“ bestehen.


Erd-Bewusstsein: Jenseits von Boden, Stein und Wasser...

Wenn ich von „Erd-Bewusstsein“ spreche, meine ich Folgendes:

Dass der Mensch den Planeten, auf dem er lebt, nicht nur als Ressource, Kulisse, Hintergrund oder Bühne wahrnimmt, sondern als lebendigen Raum, der mit ihm verbunden ist.

Diese Wahrnehmung ist nicht nur eine romantische „Naturliebe“.

Sie kommt aus einem erschütternderen Ort:

Wenn es auf der Erde so viele Wunden, Kriege, Zerstörungen, Ungerechtigkeiten und Brüche gibt, dann ist das nicht nur ein politisches oder wirtschaftliches Thema.

Es ist die Beschädigung der Beziehung, die der Mensch zur Erde hat – und von dort aus auch der Beziehung, die er zur Wahrheit hat.

Erd-Bewusstsein beginnt für mich damit, Folgendes zu hören:

„Jeder Schritt, den ich mache, tritt nicht nur auf den Boden, sondern auch auf meine eigene Existenz.“

Das Austrocknen eines Flusses ist nicht nur eine Datenzahl der Klimakrise; es bedeutet auch, dass sich unser Mitgefühl und unser Verantwortungsgefühl zurückziehen.

Dass die Seele einer Stadt mit Beton und Schaustellung überzogen wird, ist nicht nur eine „stadtplanerische Entscheidung“; es bedeutet auch, dass wir unsere innere Welt mit Schmuck und Masken überdecken.

Wenn du die Erde mit diesen Augen siehst, ist die spirituelle Reise nicht länger eine abstrakte Erfahrung, bei der du dich aus dem Leben zurückziehst.

Im Gegenteil, sie beginnt an den konkretesten Punkten des Lebens:

Boden, Baum, Straße, Stadt, Berg, Meer…

Sie alle werden zu Spiegeln, die die Fragen in uns vervielfachen.


Innere Reise heißt manchmal, die Erde aufmerksamer zu betrachten...

Meistens, wenn man „innere Reise“ sagt, schließen sich die Augen, die Welt bleibt draußen, und die Hinwendung nach innen wird als eine Art Flucht erzählt.

Als ich Die Geographie der Wahrheit schrieb, fühlte ich das Gegenteil.

Für mich bedeutete die innere Reise nicht, vor der Welt zu fliehen, sondern wacher auf die Welt zu schauen.

Am Morgen einer Stadt zu stehen und zu fragen:

„Wie viele Gebete steigen hier gerade in die Luft?“

Auf die Stille eines Berges zu blicken und zu sagen:

„Was bringe ich in mir zum Schweigen, und was lasse ich nicht sprechen?“

Auf eine Grenzlinie zu schauen und sich zu fragen:

„Haben wir auch die Wahrheit so in Stücke geteilt?“

Wenn du die Verbindung zwischen Geographie und Mensch herstellst, wird jede Reise, so sehr sie wie eine Bewegung nach außen aussieht, in Wahrheit zu einem Schritt nach innen.

Manchmal gehst du nur eine Straße weiter, aber der Weg, der durch dich hindurchgeht, trägt das Gewicht von Jahren.


Für wen spricht dieses Buch?

Für alle, die die Erde lieben und sich gleichzeitig sich selbst fremd fühlen.

Für alle, die beim Blick auf eine Landkarte ein seltsames Ziehen in sich spüren.

Für alle, denen beim Hören des Namens einer Stadt, die sie nie gesehen haben, der Hals eng wird.

Für alle, die sich weniger fragen „Ist Geographie Schicksal?“ als vielmehr „Ist Geographie Gedächtnis?“

Vielleicht hast auch du in einer Phase deines Lebens so empfunden:

„Ich habe den Ort gewechselt, aber mein Zustand hat sich nicht verändert.“

Deshalb ist das, was wir spirituelle Reise nennen, nicht nur das Wechseln von Ländern, Städten oder Kontinenten.

Manchmal heißt es, im selben Zimmer, in derselben Stadt, in derselben Straße zu bleiben und zu lernen, die Erde mit anderen Augen zu sehen.

Es heißt, Erd-Bewusstsein neben dein inneres Bewusstsein zu stellen.

In Die Geographie der Wahrheit war dies die Frage, die ich zu stellen versuchte:

„Sind wir bereit, damit aufzuhören, nur jemand zu sein, der die Erde aus der Ferne beobachtet, und mit ihr in denselben Satz zu treten?“


„Jede Geographie ist ein Gedächtnis, jede Stadt ein Stück Bewusstsein.“

Wenn die Erde spricht, tut sie das vielleicht am meisten durch die Zustände, die in uns nachhallen.

Deshalb möchte ich die Frage „Spricht die Erde?“ in eine Frage verwandeln, die niemals endet:

„Bist du bereit, die Sprache des Bodens zu hören, auf dem du gehst?

Und vor allem:

Spürst du, wenn du auf deine eigene innere Geographie blickst, die Verantwortung, die die Erde von dir erbitten möchte?“

Vielleicht sind deine Antworten noch nicht fertig.

Vielleicht hast du nur einen einzigen Anfangssatz.

Aber manchmal beginnt eine ganze innere Reise genau mit diesem einen Satz:

„Was will mir die Erde erzählen – und bin ich endlich bereit, zuzuhören?“
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